„Mich belastet im Augenblick, dass wir in der Spitze so viele verletzte junge Spieler haben. Wenn das so weiter geht, wird das auf Dauer auch die Leistungsfähigkeit der Nationalmannschaft beeinflussen“, sagte der ehemalige Weltklasse-Profi und Weltmeister-Trainer auf dem Podium in der Trainingshalle der Rhein-Neckar Löwen. Brand erinnerte an die schweren Verletzungen unter anderem von Simon Ernst, Sebastian Heymann und Tim Suton. „Das ist schon auffällig und ich weiß aus Gesprächen, dass es viele andere Vertreter unserer Sportart beschäftigt.“
Themen auf den Grund gehen
Das Thema Belastung war dabei nur ein Aspekt in dem großen Themenkosmos „Nachwuchsarbeit“, dem sich der zweite Löwen-Talk inhaltlich verschrieben hatte. Die gemeinsame Idee von Löwen-Geschäftsführerin Jennifer Kettemann und Handball-Insider Frank Schneller, sich in dem Talk-Format Themen abseits des Tagesgeschäfts Handball-Bundesliga mit einzelnen Aspekten tiefgründig und vielseitig zu beschäftigen, sah sich auch in Ausgabe zwei verwirklicht.
So sprachen Frank Schneller, der als Moderator fungierte, und Heiner Brand mit zwei absoluten Nachwuchsexperten. Michel Abt, der bei den Löwen die Nachwuchsmannschaft in der Dritten Liga betreut, und Marcus Kuhl, Geschäftsführer der Jungadler Mannheim, gaben Einblicke in ihre Arbeitsfelder, in die Philosophie der Ausbildungsarbeit und in die Perspektiven, die aus diesen für eine spätere Profi-Karriere erwachsen.
Als besonders aufschlussreich erwies sich der Blick über den Tellerrand der Sportart Handball zum Eishockey – auch das ein wichtiger Bestandteil der Idee hinter dem Löwen-Talk. Marcus Kuhl berichtete sehr detailliert vom Alltag im „Jungadler-Projekt“, der beispielsweise schon für die Nachwuchsspieler ziemlich volle Terminkalender vorsieht. Mit der Bettruhe habe man im Internat jedenfalls keine Probleme. Die Jungs fielen abends erschlagen vom Tagesprogramm in die Kojen.
Wie sieht es hinter dem Tellerrand aus?
Auch spannend zu hören: Im Vergleich zu etwa 400 000 Kindern und Jugendlichen, die in Vereinen Handball spielen (Heiner Brand), kommt man im Eishockey gerade mal auf ein paar tausend in ganz Deutschland (Marcus Kuhl). Umso intensiver müssen Scouting und Training sein, sagt Jungadler Kuhl. Michel Abt betonte genauso wie sein Eishockey-Kollege den ganzheitlichen Ansatz bei den Junglöwen, wo man neben der sportlichen Leistung auch immer das Abschneiden in der Schule auf dem Schirm habe.
Weitere erhellende Beiträge kamen aus dem Publikum: Uwe Gensheimer und Patrick Groetzki betonten die Bedeutung von Hierarchien und Vorbildern, sprachen sehr differenziert über Chancen und Risiken des Doppelspielrechtes und erinnerten sich noch einmal lebhaft an die eigenen „Lehrjahre“ auf dem Handballfeld. Vor allem für Jugendtrainer und Nachwuchskoordinatoren könnten das ganz hilfreiche Einblicke und Erfahrungswerte in Hinblick auf das eigene Arbeiten sein.
Christoph Schlager von Löwen-Exklusivpartner BGV äußerte sich zum Aspekt der finanziellen Unterstützung im Nachwuchsbereich – einem ganz eigenen, spannenden Kapitel. Der badische Versicherer unterstützt nicht nur die Profis, sondern auch in erklecklichem Maße die Nachwuchsmannschaften der Rhein-Neckar Löwen. Das habe weniger mit Aspekten der Werbung und der Image-Bildung, sondern mehr mit der ideellen Ausrichtung des hauseigenen Sponsorings zu tun, erklärte Christoph Schlager.
„Nachwuchs ist mein Herzensthema“
Nach fast zwei Stunden, in denen man sich dem Thema Nachwuchs wie angerissen auf vielen erdenklichen Wegen genähert hatte, verabschiedete Jennifer Kettemann ihre Gäste aus dem Trainingszentrum Kronau. Heiner Brand lobte das Format: „Das war sehr interessant. Der Nachwuchs ist nach wie vor mein Herzensthema und es ist immer spannend, über solch grundlegende Dinge zu sprechen.“
Bilder: Steffen Hoffmann / RNL