Was beschreibt die Bedeutung Daniel Haases für die Rhein-Neckar Löwen? Im Bundesliga-Kader der Saison 2023/24 stehen fünf Spieler, die allesamt von ihm dorthin geführt worden sind und von denen zwei zu den absoluten Leistungsträgern gehören. Zudem hat der gebürtige Essener die A-Jugend, das Flaggschiff eines jeden Nachwuchsleistungszentrums, in sechs Jahren viermal ins Finale um die Deutsche Meisterschaft gecoacht. Die anderen beiden Male machte die Corona-Pandemie einen Strich durch die „Haase-Rechnung“.
Es ist die Bilanz eines großen Trainers und Spieler-Entwicklers, die Daniel Haase bei den Löwen hinterlässt. Sein Geheimnis? David Späth, zusammen mit David Móré wohl das größte Talent, das Haase in seiner Löwen-Zeit zum Profi formte, bringt es auf den Punkt, wenn er erklärt, dass er mit Haase immer und über alles sprechen konnte. Bei seinem ersten Löwen-Vertrag stand der Nachwuchscoach Pate. Er war Förderer, Mentor und Berater in einer Person. Und er war für ihn da, als er nach einem Kreuzbandriss seine schwärzesten Stunden durchlebte.
Als David Späth, der Super-Ehrgeizige, nach der Diagnose im Winter 2021 erst unter Schock stand und dann in eine Depression zu fallen drohte, war neben Freunden und Familie vor allem Daniel Haase derjenige, der ihm Mut zusprach, an seiner Seite stand, Trost spendete. Der da war, als es drauf ankam. „Daniel ist so viel mehr als „nur“ ein Trainer“, betont Späth bei jeder passenden Gelegenheit. Die Erfolge in der Spielerentwicklung genauso wie bei den Deutschen Meisterschaften mit der U19, sie beruhen zu einem Großteil auf exakt dieser Qualität, die man eben nicht in Leistungskennziffern und sportlichen Ergebnissen ablesen kann.
Arbeitsnachweis in Form von Bundesliga-Spielern
David Späth und David Móré, die als blutjunge Bundesliga-Novizen auf Anhieb zu Leistungsträgern bei den Löwen wurden, stehen genauso stellvertretend für Haases Handball-Ansatz wie Philipp Ahouansou und Lion Zacharias, die unter seiner Ägide bei den Löwen zum Profi reiften. Mit Magnus Grupe und Valentin Willner schicken sich aktuell die nächsten beiden Junglöwen an, diesen Weg zu beschreiten. Nicht zu vergessen Robert Timmermeister und Niklas Michalski, die zuletzt nach Kolding und Bietigheim verliehen waren, oder Mats Grupe, der mittlerweile zu den Leistungsträgern bei den Eulen Ludwigshafen gehört.
Ganz aktuell hat Daniel Haase mit Felix Göttler ein weiteres Talent auf halblinks entwickelt, das er mit zu seiner nächsten Trainerstation nehmen wird. Die heißt TuSEM Essen, womit sich für den Handballlehrer ein Kreis schließt. Vor seinem Löwen-Engagement war Haase bereits bei dem Verein seiner Heimatstadt tätig. Damals überwiegend in der Jugendarbeit, aber auch schon bei den Profis, mit denen er als Cheftrainer 2016/17 den Klassenerhalt in Liga zwei schaffte. Nun wird er zum zweiten Mal Chefcoach der TuSEM-Profis, die zuletzt 2020/21 in der Handball-Bundesliga spielten, sich nach einem Jahr aber direkt wieder gen Zweite Liga verabschieden mussten.
Bei den Löwen sind sie stolz, mit Daniel Haase sechs Jahre lang erfolgreich gearbeitet zu haben. Vollkommen zurecht wurde der leidenschaftliche Talent-Entwickler zum Nachwuchstrainer der Saison 2021/22 gewählt. Es war das Junglöwen-Jahr schlechthin: A- und B-Jugend wurden Deutscher Meister, dazu feierte die U23 in ihrer Drittliga-Staffel den Titel. Dieses „Junglöwen-Triple“ strahlt bis heute weit über die Region hinaus. Dass die Nachwuchsabteilung der Rhein-Neckar Löwen im Süden Deutschlands quasi konkurrenzlos auf Platz eins steht und darüber hinaus Talente aus dem ganzen Bundesgebiet nach Kronau lockt – dies ist zu weiten Teilen das Verdienst von Daniel Haase.
Großes Vermächtnis in mehrerlei Hinsicht
Zur Löwen-Geschichte des Erfolgstrainers gehören auch dramatische Niederlagen. In den Endspielen der U19 gegen die Jungfüchse Berlin ging es teilweise unfassbar knapp und spannend zu. Zuletzt Ende Mai verpasste man die Deutsche Meisterschaft um zwei mickrige Törchen, lieferte dabei einen derart großen Kampf ab, dass unter anderem Füchse-Chef Bob Hanning gleich mehrmals seinen imaginären Hut vor der Löwen-Leistung zog. Auch dies gehört zum Vermächtnis Daniel Haases bei den Rhein-Neckar Löwen: Er hat den Top-Talenten nicht nur ganzheitliches Denken und eine professionelle Einstellung vermittelt, sondern ihnen eine Arbeiter- und Sieger-Mentalität eingeimpft, von der die Löwen noch lange profitieren können.
Wie hat er das geschafft? So schwer ist das gar nicht zu erklären. Eigentlich reichen 20 Minuten Internats- oder Trainingsbesuch, reicht es, ein Gespräch mit einem Jugendspieler mitzubekommen oder auch nur eine etwas längere Trainingsansprache. Es ist die perfekte Mischung aus Lockerheit und Klarheit, aus Kumpeltyp und Vaterfigur, aus frechen Sprüchen und ernsten Ansagen, die die jungen Menschen abholt, mitnimmt, überzeugt, begeistert. Es ist, wie man so schön sagt, die Chemie, die Daniel Haase erzeugt, bewahrt und überträgt auf seine Schüler. Etwas, das man genauso leicht nachvollziehen wie unfassbar schwer selbst erschaffen kann.
Aus all diesen Gründen fällt der Abschied schwer von Daniel Haase, steht sein Nachfolger vor einer großen Herausforderung. Martin Berger heißt der junge Mann, war zuletzt zwei Jahre erfolgreich in der Anschlussförderung beim TSV Bayer Dormagen tätig und hat sich dort ähnliche Sporen verdient wie Haase bei den Löwen. Viele Spieler schafften unter Berger den Sprung in die Zweite Liga und wurden dort im Rahmen der Anschlussförderung weiter von ihm betreut. Er scheint die ideale Nachfolge-Lösung zu sein auf einer Position, die für den gesamten Verein von unschätzbarer Bedeutung ist. So, wie es Daniel Haase sechs Jahre lang gewesen ist.
